Kindheit und Jugend
Birgit Urmson wird in Windsbach / Mittelfranken als drittes von fünf
Kindern der Familie Armanski geboren. Schon früh entwickelt sich
ihre Liebe zu Kunstgeschichte und Musik, letztere gefördert durch
eine private Gesangs- und Klavierausbildung. Auch in der Schule, der
lutherischen Diakonissenanstalt in Neudettelsau, gehört Musik neben
Geschichte und Deutsch zu ihren Lieblingsfächern. Als 15-jährige
fährt sie mit einer Jugendgruppe erstmals nach Paris. Im Louvre
faszinieren sie die Nike von Samothrake und die Venus von Milo, mindestens
ebenso aufregend ist allerdings das erste auf Französisch bestellte
Croissant!
Studium in Europa
Im Herbst 1962 schreibt sich Birgit Urmson für ein Studium der
Kunstgeschichte und Archäologie an der Ludwig-Maximilians-Universität
in München ein. In diese Stadt hatte sie sich bereits als 14-jährige
nach einem Besuch der Pinakothek verliebt. 1964 wechselt sie zuerst
für ein Studienjahr nach Wien, dann folgen ein Aufenthalt in London
und ein weiteres Studienjahr in Paris. Dort lernt sie auch John Urmson
aus Boston kennen, ihren späteren Mann.
Zurück in München beginnt Birgit Urmson
mit ihrer Doktorarbeit. Die gesellschaftlichen Veränderungen der
späten 60er Jahre erfassen die Münchner Universität,
auch die Studenten der Kunstgeschichte rebellieren gegen althergebrachte
Vorstellungen. John Urmson ist inzwischen als Offizier der US-Armee
in München stationiert. Seine berufsbedingte Frisur versteckt er
seiner Freundin zuliebe unter einem Homburg: Niemand sonst im Freundeskreis
hat 1968 einen Partner mit kurzen Haaren!
Studium in den USA
Im Anschluss an eine Weihnachtsreise nach Boston heiraten Birgit und
John Urmson 1970 spontan in Tucson/Arizona. Die junge Frau muss nun
plötzlich Abschied von Europa nehmen und sich in das unbekannte
amerikanische Leben integrieren. Ab 1973 studiert sie Kunstgeschichte
an der Universität von Kalifornien in Berkeley, 1977 folgt ein
Studium der Landschaftsarchitektur. Beide Studiengänge schließt
Birgit Urmson mit einem Master of Arts ab. Während ihrer Zeit an
der Universität arbeitet sie als Lehrassistentin, hält Vorlesungen
und Seminare.
Kinder und Familie
1972 wird Birgit und John Urmsons erster Sohn Carl geboren, der, wie
sich nach Jahren herausstellt, autistisch ist. 1974 folgt Tochter Claire
und 1982 Sohn Julian. Währen ihre Mutter studiert, werden die Kinder
im Kinderzentrum der Uni betreut, wo sie an heißen Tagen im Geiste
der 70er nackt herum tollen dürfen.
Mit dem Autismus ihres ältesten Sohnes setzt
sich Birgit Urmson künstlerisch auseinander. Im Studium hat sie
ihr Liebe zum Film entdeckt, und für ihr Abschlußprojekt
“I am Eyes" (1980) folgt sie Carl monatelang mit der Videokamera. Sie
nimmt alles auf, worauf sich sein Augenmerk richtet, seine Bewegungen,
Rituale und Zeichnungen. Durch diese künstlerische Annäherung
gelingt es ihr, die innere Welt des autistischen Kindes für sich
zu entschlüsseln. Mit viel Energie und Hoffnung setzt sie sich
für ihren Sohn ein, bringt ihn dreimal in der Woche zu einer Therapeutin
und stellt zusätzlich eine junge Frau ein, die zu Hause mit ihm
arbeitet. Trotz dieses Engagements gelingt es ihr, Studium und Assistententätigkeit
erfolgreich zu beenden.
Nach dem Studium
1980 zieht die Familie in ein eigenes Haus in Oakland. Birgit Urmsons
Mann hat begonnen, am Rande des Silikon Valley eine Firma aufzubauen.
Der Unabhängigkeit durch diesen Schritt steht eine Verschlechterung
von Carls Zustand gegenüber. Er verkraftet den Verlust seiner gewohnten
Umgebung sehr schlecht, schläft nachts nicht und verschwindet oft.
Schließlich entschließen sich Birgit und John Urmson schweren
Herzens dazu, ihren Sohn in einem kleinen Internat bei San Francisco
unterzubringen, wo er individuell betreut werden
Film
1983 kommt Birgit Urmson nach Deutschland, um hier für das Kleine
Fernsehspiel im ZDF den Dokumentarfilm “Eine Deutsche Familiengeschichte"
zu drehen. Sie entwickelt mehrere weitere Filmstoffe, wobei sie sich
zum ersten Mal mit Caroline Schlegel-Schelling und später auch
mit Germaine de Staël beschäftigt.
Von 1986 bis 1989 leitet Birgit Urmson mehrere Frauenfilmfestivals
in San Francisco und Los Angeles. Sie erweitert das Programm um internationale
Beiträge, reist für das Festival in die damalige Sowjetunion
und zu den Filmfestspielen nach Berlin.
Germaine
Germaine de Staël und Caroline Schlegel-Schelling lassen Birgit Urmson
nicht mehr los. Sie zieht sich vom Frauenfilmfestival zurück, um
sich der Arbeit an einem Drehbuch über die beiden faszinierenden
Frauen widmen zu können. Der Stoff wird als Theaterstück erfolgreich
aufgeführt, die Anerkennung durch eine Produktionsfirma bleibt
jedoch aus. Die Autorin legt ihre Pläne für “Germaine" vorerst
auf Eis und widmet sich verstärkt ihrer Familie. Tochter Claire
arbeitet als Model und wird magersüchtig. Mit Hilfe ihrer Mutter
gelingt es ihr jedoch, die schwere Krankheit zu überwinden. Sie
beginnt, Kunst zu studieren und ihr Talent als Malerin zu entfalten.
Birgit Urmson entwirft einen Garten für ihr Haus und reist mit
ihrem Mann nach Indien, Südkorea, Thailand, Taiwan, China und Hawaii.
Auch ihre Gesangsausbildung nimmt sie wieder auf.
1998 meldet sich Artur Brauner, einer der ganz Großen
des deutschen Films, bei Birgit Urmson und fragt nach dem vergessen
geglaubten Drehbuch über Germaine de Staël. Er ist es auch, der
die Autorin ermutigt, eine Romanfassung zu schreiben. Nach anfänglicher
Skepsis arbeitet sie sechs Monate intensiv an dem Manuskript, das sie
im September 2001 fertigstellt.
Gegenwart
Seit Mitte der 90er Jahre engagiert sich Birgit Urmson intensiv für
eine kunsttherapeutische Betreuung geistig behinderter Menschen. Aufgrund
eigener positiver Erfahrungen mit ihrem Sohn Carl organisierte sie für
Autisten wöchentliche Stunden mit Musik-, Kunst-, und Dramatherapeuten,
die bald durch einen öffentlichen Zuschuss gefördert wurden.
Inzwischen ist Birgit Urmson Mitglied einer städtischen Komission
für behinderte Menschen der Stadt Oakland. Auf ihre Initiative
hin veranstaltet die Stadt einen Theaterabend, bei dem nur Behinderte
auftreten, und Carl trommelt begeistert mit den anderen auf der Bühne!
Außerdem ist Birgit Urmson als Dozentin an ihre
Alma Mater, die Universität Berkeley zurückgekehrt. Neben
ihrer Lehrtätigkeit unterhält sie einen Musiksalon, in dessen
Rahmen Profis und begabte Amateure ein interessiertes Publikum finden.
Im November 2003 wird sie mit “Germaine" in Deutschland auf Lesereise
gehen. Und, so verrät die Autorin, ein neuer Roman ist auch schon
in Arbeit. Wir dürfen gespannt sein!